Brand nahe der Königsschlösser

Brand nahe der Königsschlösser Verwaltungsgebäude der Wittelsbacher durch Feuer zerstört – Hoher Sachschaden –Übergriff auf ein Nebengebäude konnte verhindert werden

Brand nahe der Königsschlösser

Verwaltungsgebäude der Wittelsbacher durch Feuer zerstört – Hoher Sachschaden –Übergriff auf ein Nebengebäude konnte verhindert werden

 

Vorbemerkung:

Hohenschwangau ist ein Ortsteil der Gemeinde Schwangau im Landkreis Ostallgäu. Er liegt rund 800 m ü. M hoch zwischen den Schlössern Neuschwanstein und Hohenschwangau und wird jährlich von rund zwei Millionen Menschen besucht, die von hier aus die Königsschlösser besichtigen. Parkplätze, Gastronomie, Pensionen, Hotelbetriebe und Souvenirgeschäfte prägen dementsprechend das Ortsbild. Wenn König Ludwig II. von seinem Schloss aus hinab auf den Ort Schwangau blickte, sah er im Hintergrund zahlreiche grüne Täler, kleinere Weiler, Wälder und Wiesen, umgeben von der hügeligen Landschaft des Allgäus. Heute prägt der 1954 künstlich angelegte Forggensee mit 15,2 km² Fläche, der fünftgrößte See Bayerns und der flächenmäßig größte Stausee Deutschlands, das Bild rund um das Dorf der Königsschlösser. Der Forggensee gilt vom Frühjahr bis in den Herbst hinein als eines der schönsten und auch größten Freizeitparadiese Bayerns.

 

Alarmierung:

Am Mittwoch, den 8. April 2020 wurde um 02:15 Uhr ein Brand B3 Dachstuhl in der Alpseestraße im Ortsteil Hohenschwangau von der ILS Allgäu in Kempten über FME ausgelöst. In der Erstalarmierung waren von der FF Schwangau als örtlich zuständige Wehr das TLF 16/25, das LF 16/12 sowie das MZF mit Führungstrupp und Einsatzleitung alarmiert, sowie aus der Nachbarstadt die DLK 23/12 mit KdoW und Führung der FF Füssen.

 

Bereits auf der Anfahrt wurde vom Gruppenführer des Tanklöschfahrzeugs der FF Schwangau fast zeitgleich mit dem ihm folgenden Mehrzweckfahrzeug, das bereits mit dem Führungstrupp und dem Einsatzleiter Kommandant Martin Schweiger besetzt war, eine Alarmstufenerhöhung auf Brand B4 über die ILS Allgäu veranlasst. Diese Entscheidung fällte der Einsatzleiter einmal bereits auf Grund der Lage auf Sicht (es war bereits eine deutliche Rauchsäule und auch Feuerschein über dem Ortsteil Hohenschwangau sichtbar), des Weiteren befand sich das Gebäude am Rande des Schutzbereiches welcher, im Rahmen der gesetzlichen Hilfsfrist gerade noch erreicht werden kann. Dies wurde bei der Aufstellung des Feuerwehrbedarfsplanes ermittelt und wird seither bei der Alarmierungsplanung berücksichtigt. Ebenfalls sind für eine stabile und abgesicherte Wasserversorgung im Ortsteil Hohenschwangau weitere Kräfte erforderlich, um aus dem in ca. 350m Entfernung liegenden Alpsee von den vorhandenen Saugstellen entsprechende Schlauchleitungen zu verlegen.

Die Alarmstufenerhöhung löste somit einen Vollalarm für die Kräfte der FF Schwangau und der Stützpunktfeuerwehr Füssen aus. Somit standen von der FF Schwangau als weitere Einsatzmittel die Fahrzeuge LF 8, der GW-L1 mit zwei Schlauchkomponenten B-500 und von der FF Füssen das HLF 20, das TLF 16/25, sowie etwas später noch der VersLKW zur Verfügung.

 

Allgemeine Lage:

Auf Grund der Corona-Pandemie ist es zu dieser Jahreszeit im sonst bei Touristen aus aller Welt sehr beliebten Dorf der Königsschlösser außerordentlich ruhig. Alle Beherbergungsbetriebe sowie Gaststätten, aber auch die beiden Schlösser und das Museum der Bayerischen Könige mussten vorübergehend ihren Betrieb einstellen.

Die FF Schwangau hatte aufgrund der Pandemie seit 23.03.2020 einen im 3 Wochenwechsel stattfindenden Schichtbetrieb für Einsatzleitdienst, Gruppenführer und Maschinisten eingeteilt, der für die allfällig auftretenden Einsätze zuständig war. Auch bei größeren Schadenslagen sollten die eingeteilten Kräfte die „Speerspitze“ bilden. Der jeweilige Einsatzleiter muss dann im Einzelfall je nach Schadensbild entscheiden, ob weitere, nicht zum Dienst eingeteilte Kräfte hinzugezogen werden müssen.

Das Wetter im April war außergewöhnlich warm. Dabei wurden zu Beginn der Karwoche bereits sommerlich warme Werte erreicht. In der Nacht auf den 8. April wurde ein Supermond angekündigt, welcher um 04.35 Uhr seinen Höhepunkt in der Vollmondphase erreichen sollte. Auch wenn vereinzelte Wolkenfelder angekündigt waren, so sollte doch auch im Allgäu ein ungehinderter Blick auf den Erd-Trabanten möglich sein.

 

Einsatzablauf:

Bei dem Brandobjekt handelt es sich um ein umgebautes ehemals landwirtschaftliches Gebäude in dem im vorderen Bereich die örtliche Verwaltung mit Büros des Wittelsbacher Ausgleichsfonds (WAF) untergebracht ist. Der Dachstuhl und ein Anbau aus Holz, der als Aktenlager genutzt wird, stellen den hinteren Teil des Gebäudes. Auf der Südwestseite über einen schmalen Hof erschlossen, befindet sich das Wohngebäude des Verwalters mit einer Garage. Auf der Nordostseite gibt es keine Bebauung, jedoch Buschwerk und Unterholz. Beim Eintreffen an der Einsatzstelle befand sich bereits der komplette Dachstuhl und der Holzanbau des Gebäudes in Vollbrand. Durch das nahezu zeitgleiche Eintreffen des Tanklöschfahrzeuges und des Einsatzleiters der FF Schwangau wurde sofort noch vor dem Erkunden der Einsatzbefehl an den Gruppenführer erteilt, das Wohngebäude auf schnellstem Wege abzuschirmen, um ein Übergreifen der Flammen zu verhindern. Die Fahrzeuge der FF Schwangau wurden entlang der Alpseestraße, etwas unterhalb des Gebäudes in Stellung gebracht. Beide Fahrzeuge versorgten sich selbst jeweils über Oberflurhydranten des vorhandenen Hydrantennetzes. Alle weiteren nachrückenden Kräfte fuhren den vordefinierten Bereitstellungsraum an der Hauptkreuzung in Hohenschwangau an. Dieser wurde für Einsatzfälle auf Schloss Neuschwanstein, Schloss Hohenschwangau, das Museum der Bayerischen Könige und weitere Hotelbetriebe eingerichtet und wird automatisch von nachrückenden Kräften bei Einsätzen in diesem Bereich angefahren. Nach der durchgeführten Erkundung war bereits die Einsatzleitung im Mehrzweckfahrzeug durch den Führungstrupp auf einem gegenüberliegenden Hotelparkplatz eingerichtet. Da keine Personen im Gebäude waren, wurde der Einsatzbefehl für das Tanklöschfahrzeug der FF Schwangau auf die Brandbekämpfung am Gebäude auf der Südwestseite erweitert. Auf einen Innenangriff wurde auf Grund der sich darstellenden Gefahrensituation vorerst verzichtet. Das Löschfahrzeug der FF Schwangau bekam den Einsatzbefehl, das auf der Nordostseite Seite bereits in Brand geratene Buschwerk abzulöschen, eine Brandbekämpfung von außen am Gebäude durchzuführen und ein Übergreifen der Flammen auf das Unterholz und weiter auf den angrenzenden Wald zu verhindern. Dazu wurde im weiteren Verlauf später noch das Tanklöschfahrzeug der FF Füssen auf einem Nachbargrundstück mit seinem Dachwerfer in Stellung gebracht, um bei diesem Auftrag gegebenenfalls zu unterstützen. Die Drehleiter der FF Füssen wurde im oberen Hof in Absprache mit deren Kommandanten Thomas Roth in Stellung gebracht, um eine weitere Brandbekämpfung am Dachstuhl des Gebäudes durchzuführen. Diese wurde durch das Hilfeleistungslöschfahrzeug der Füssener versorgt, welches sich ebenfalls auf der Alpseestraße in Stellung brachte. Die Wasserversorgung dafür wurde durch die FF Schwangau mit Löschfahrzeug und Tragkraftspritze über 2 Schlauchleitungen je 350m von der festen Saugstelle am Alpsee sichergestellt. Bereits gegen 03:08 Uhr war das Feuer soweit unter Kontrolle, dass ein Übergreifen auf das Nachbargebäude auf der Südwestseite sowie ein Flächen- und Waldbrand auf der Nordostseite verhindert werden konnte. Bereits hier zeichnete sich jedoch schon ab, dass der ehemalige Wirtschaftsteil welcher als Aktenlager diente nur sehr schwer abzulöschen war. Ebenfalls waren die Vertreter der Kreisbrandinspektion Ostallgäu Kreisbrandrat Markus Barnsteiner, Kreisbrandinspektor Peter Einsiedler und Kreisbrandmeister Dirk Schranz zum Einsatzort geeilt und unterstützten die Einsatzleitung. Gegen 04:00 Uhr gab die Dachkonstruktion über dem Verwaltungsgebäude nach und brach auf die oberste Decke des Verwaltungstraktes. Daraufhin wurden mit der Drehleiter Sicherungsarbeiten durchgeführt, um ein Abstürzen von losen Teilen zu verhindern. Am Dachstuhl war der Brand soweit gelöscht nur das Aktenlager stellte nach wie vor ein Problem dar. Dort loderten immer wieder Flammen im Dicht gestapelten Papier auf, da die Brandbekämpfung von außen nur sehr schwer möglich war.

 

Bei einer Lagebesprechung um 04:30 Uhr, bei der auch der Verwalter des WAF anwesend war, wurde der Wunsch geäußert ob es nicht möglich wäre aus dem Verwaltungsgebäude verschiedene Akten, Baupläne, Computer und auch Kunstgegenstände zu sichern. Die Einsatzleitung veranlasste daraufhin eine Erkundung ob es ohne größere Gefährdung möglich sei, das Gebäude zum Zwecke des Sachwertschutzes zu betreten. Die Fehlboden Decke erwies sich zu dieser Zeit als stabil. Bevor Nachlöscharbeiten mit Netzmittel noch mehr Gewicht auf das vom Brand doch schwer gezeichnete Gebäude bringen sollte, musste gehandelt werden. Mit großem Personaleinsatz konnten die entsprechenden Gegenstände innerhalb 15 Minuten gesichert und an Mitarbeiter des WAF übergeben werden. Anschließend erfolgten wie geplant die Nachlöscharbeiten des Dachgeschosses über die Drehleiter. Schnell machte sich der Kühlungseffekt bemerkbar. Das Aktenlager wurde dann noch mit Schaummittel abgedeckt. Um 6:43 Uhr konnte dann eine Lagemeldung abgegeben werden, dass kein offenes Feuer mehr vorhanden und noch einzelne Glutnester abzulöschen waren. Danach konnte die FF Füssen aus dem Einsatz ausgelöst werden. Um auch die Kräfte der FF Schwangau reduzieren und ablösen zu können, wurde mittels des neu auf Landkreiseben eingeführte Alamos Alarmierungssystems intern ein Ablösealarm um 07:50 Uhr veranlasst werden. Somit konnte um 08:00 Uhr die Mannschaft aus dem Ersteinsatz getauscht werden. Vor Ort blieben als Einsatzleiter nun Stellv. Kommandant Nikolaus Schindele mit einer Löschgruppe sowie Tanklösch- und Mehrzweckfahrzeug. In Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei und einem Baggerbetrieb konnte ab 11:07 Uhr nach Freigabe entsprechende Bereiche der Decke und des Aktenlagers abgeräumt und wenn nötig abgelöscht werden. Das Einsatzende wurde um 15:47 Uhr an die ILS-Allgäu übermittelt. Um 18:30 Uhr wurde nochmals eine Brandnachschau ohne Feststellung durchgeführt.

 

Fazit:

Auch wenn beim Eintreffen der ersten Einsatzkräfte der Dachstuhl des Verwaltungsgebäudes bereits im Vollbrand stand, so konnten die Feuerwehren doch eine Ausbreitung auf das Wohngebäude wie auch den Bürobereich verhindern. Ein behutsamer Umgang mit den eingesetzten Löschmitteln beschränkte gerade im Verwaltungsbereich größere Schäden durch eindringendes Löschwasser. Die Sicherung von wichtigen Unterlagen und Kunstgegenständen wurde nach Gefährdungsbeurteilung zum richtigen Zeitpunkt und ohne große Gefährdung der Einsatzkräfte durchgeführt. Die seit Jahrzehnten regelmäßig stattfindenden Übungen mit den Nachbarfeuerwehren in Hohenschwangau haben sich bei diesem Einsatz wieder einmal als unverzichtbar dargestellt. Eine gute Vorplanung in der „kalten Lage“ verschafft dem Einsatzleiter den nötigen Vorsprung um wirksame Maßnahmen im Einsatz veranlassen zu können.


Einsatzart Brand
Einsatzstart 8. April 2020 02:15
Einsatzdauer 13,5 Stunden
Alarmierte Einheiten FF Schwangau FF Füssen KBR Markus Barnsteiner KBI Peter Einsiedler KBM Dirk Schranz Rettungsdienst, Notarzt, ELRD PI Füssen KDD Memmingen Energieversorger Baggerunternehmen